Ein Chor, 5 Komponist*innen, 5 Uraufführungen
Bremen ist nah am Wasser gebaut. Große Teile des Stadtgebiets liegen unterhalb des mittleren Hochwasserstands, Sturmfluten und Überschwemmungen gehören seit jeher zur Geschichte der Stadt. Erst im vergangenen Winter standen Hochwasserwarnungen, vollgelaufene Keller und Evakuierungen an der Tagesordnung. Und die Zukunftsszenarien der Klimaforschung stimmen nicht optimistisch. Extremwetterereignisse wie Hochwasser und Starkregen gehören zu den ersten Auswirkungen der Klimakatastrophe, die wir in Norddeutschland zu spüren bekommen. Die Felle schwimmen uns langsam aber sicher davon. Gehen wir bald unter?
Die Schwankhalle befindet sich in unmittelbarer Nähe zu Deich und Werdersee. Wie lange wird sie hier noch stehen? Was nicht gesagt werden kann, soll man singen: Um auf die existenzielle Bedrohung aufmerksam zu machen und vorgezogene Trauerarbeit zu leisten, singt der »Schwankcore« ↗ im Foyer der Schwankhalle gegen ihren Untergang an.
Seit November 2022 proben im Schwankcore jeden Dienstag leidenschaftliche Sänger*innen aus der Nachbar*innenschaft der Schwankhalle und anderen Stadtteilen. Mit den »Songs of Rising & Sinking« bringen sie ihr erstes gemeinsames Projekt auf die Bühne. Die fünf Komponist*innen Daniel Dominguez Teruel, Eloain Lovis Hübner, Doreen Kutzke, Mara Hebel und Alex Franz Zehetbauer entwickeln eigens für den Schwankcore fünf Kompositionen, die sich den ökologischen, sozialen und emotionalen Folgen der zunehmenden Bedrohung durch den vom Menschen verursachten Klimawandel widmen.
Die erste Uraufführung »When We Were Singking« feiert am 19. April ihre Premiere. Der Hamburger Komponist Daniel Dominguez Teruel, der mit einem gurrenden Taubenchor bereits den Verfall der Elbphilharmonie vorwegnahm und betrauerte, erarbeitet gemeinsam mit dem Schwankcore ein Requiem für die versinkende Stadt Bremen.
Der in Hamburg lebende Komponist und Musiktheater-Regisseur arbeitet mit einem Fokus auf der menschlichen Stimme. In seiner Serie »How to Listen to Monuments and What to Listen to when Everything is Melting« setzt er sich mit Fragen von (nationaler) Zugehörigkeit, Spaltung und Gemeinschaft auseinander. Mit der Arbeit »LOVESONG«, in der die deutsche Nationalhymne auf musikalischer Ebene dekonstruiert wird, wurde er 2022 u.a. zum Impulse Theater Festival eingeladen und eröffnete im Herbst 2022 die erste Spielzeit der Schwankhalle mit neuer Leitung.
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Der in Brooklyn geborene Klangchoreograf, Performancekünstler und Sänger lebt und arbeitet derzeit in Wien. Kritiker*innen haben ihn schon als Engel, Sumpfmonster und rotäugigen Dämon bezeichnet. Alex hat mit Künstler*innen wie Phillip Gehmacher, Jen Rosenblit, Taylor Mac und Alix Eynaudi zusammengearbeitet und tourt mit seinen Arbeiten international. Derzeit ist er mit seinem performativen Konzert » An Evening with« (2023) auf Tournee.
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Die in Bremen lebende Komponistin und Dirigentin schloss 2021 ihr Studium in Dirigieren und Philosophie in Hannover ab und studiert aktuell Komposition an der Hochschule für Künste Bremen. 2022 und 2023 wurde sie mit dem Deutschlandstipendium ausgezeichnet. Seit 2022 leitet Mara Hebel den »Schwankcore« ↗ und gibt Workshops in vokaler Improvisation, Stimm- und Körperarbeit sowie demokratischer Ensemblearbeit. Kompositorisch befasst sich Mara Hebel mit gesellschaftlichen Themen und emotionalen Ausdrucksformen neuer Musik. 2023 schrieb sie zum zehnjährigen Flutgedenken der Stadt Grimma ein Werk über den menschengemachten Klimawandel.
Eloain Lovis Hübner studierte Komposition (Köln, Dresden, Oslo) und Angewandte Theaterwissenschaft (Gießen) und ist Mitglied der Performancekollektive the paranormal φeer group und The Navidsons. In interdisziplinären Produktionen – solo und mit verschiedenen Kompliz*innen – entwickelte Eloian bereits immersive Klang-Raumkonzepte, Online-Installationen, Durationals, Musiktheater für Kinder, eine Theorieoper im Gameshow-Format, partizipative Formate und Projekte mit Amateur*innen. Zur Saisoneröffnung 2022/23 der Schwankhalle inszenierte Eloian mit dem Neustädter Shantychor den Abend »Ja, ich bin da im Shantychor«.
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Seit ihrer Kindheit in den Wäldern des Harzes in der DDR singt, jodelt und komponiert die in Berlin lebende Musikerin, Komponistin und Schauspielerin für eine Vielzahl von Musikprojekten, in deren Mittelpunkt die Stimme steht. Sie gründete die Jodelschule Kreuzberg in Berlin und reist durch die ganze Welt, um Jodeln und fortgeschrittene Gesangstechniken zu unterrichten und zu studieren, mit dem Schwerpunkt auf dem Bruch der Stimme in der traditionellen Musik. Das Publikum der Schwankhalle begeisterte sie bereits 2023 bei ihrem Auftritt in der Sonntags-Konzertreihe »Krach mit Sahne«. Doreen ist derzeit Stipendiatin der Villa Kamogawa des Goethe Institut Kyoto ↗ und erforscht die Volkaltechnik des Shomyo.
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